Die Bauausführung:
Mit seinem verjüngten spätgotischen Gewölbe stellt die Brunnenstube eine herausragende Bauform am Oberrhein dar. Sie erfüllt verschiedene Kriterien der Statik und Voraussetzungen für das darunter liegende Wasserreservoir. Seine verjüngte Form zum Berg hin ist so geschaffen, dass es durch seine schmale Rückwand den hohen Bergdruck aushält. Die breitere Frontseite vergrößert das Becken und erhöht dadurch das Fassungsvermögen. Bei der Erweiterung des Beckens im Jahr 1731 wurde die Verjüngung nicht beibehalten sondern rechteckig ergänzt. Das bisherige gotische Gewölbe geht dort in ein Tonnengewölbe über. Wann der kleine Vorraum vor das Becken gebaut wurde ist nicht mehr benannt. Der Anbau dürfte in die Mitte des 19. Jahrhunderts fallen, als die Deichelleitung nach Kippenheim durch eine Bleileitung ersetzt wurde. Er war bis zum Jahr 1973 mit einem Tonnengewölbe abgedeckt. Damals wurde es durchstoßen und ein Betonaufsatz darüber errichtet.
Die Wassermenge:
An Hand umlaufender Markierungslinien durch Kalksinter sind in der Brunnenstube verschiedene Wasserstände zu erkennen. Nach der Versinterung im alten verjüngten Gewölbe hatte das ursprüngliche Becken eine Speicherkapazität von etwa 14 Kubikmeter. Sein Auslauf dürfte demnach in Höhe dieser Linie gelegen haben. Nach der Ergänzung des Beckens zeigt die Kalklinie eine geringere Höhe. Dies ist mit einem tieferen Auslauf zu erklären. Daher ist trotz der 1731 beachtlichen Erweiterung des Beckens, die Speicherkapazität nur um etwa ein Kubikmeter größer als vorher. Bei Erweiterung der Stadt um 1973 wurden für die Errichtung von Wohnblöcken tiefe Einschnitte in den Berg gegraben. Dabei wurden Quellkanäle verletzt, deren Wasser seither in der Kanalisation abfließt. Damit sank gleichzeitig der Wasserspiegel auf die heutigen Höhenlinien im Becken. Es fließt nun ohne die geringste Reserve zu den noch angeschlossenen Brunnen. Der bisherige Auslauf für überflüssiges Wasser ist seither trocken.
Das Lutterbad:
Bei der Erweiterung der Stadt nach Osten wurde 1972 bei Bauarbeiten unweit der Quelle der Holztrog des Lutterbrunnens, das runde Fundament des Lutterbads und Reste vom Badeofen entdeckt. Der enorm große Durchmesser des Badegebäudes lässt auf seine große Bedeutung im Mittelalter schließen. Wie aus späterer Literatur abzuleiten ist, wurde das Lutterbad mit seiner Anlage und dem Brunnen im 30-jährigen Krieg zerstört und abgetragen.
Die Wasserleitung:
Im Mittelalter führten vom Quellbecken drei hölzerne Deichelleitungen. Davon endete eine auf dem gleichen Areal am Lutterbrunnen bzw. im Lutterbad. Die andere Leitung führte nach Kippenheim. Dort speiste sie den öffentlichen Brunnen vom Ortsteil Gärtlingen, den öffentlichen Stockbrunnen und den Engelbrunnen als Taufbrunnen bei der Mutterkirche. Bereits vor dem 19. Jh. wurden die Brunnen in Kippenheim um zwei erweitert. Dabei handelt es sich um einen Brunnen im Oberdorf bei der ehemaligen Weinhandlung Durlacher und um einen beim damaligen Stierstall. Gleichzeitig wurde wahrscheinlich der Engelbrunnen abgehängt und ein neuer Brunnen beim ehemaligen Dekanatshaus errichtet. Im Jahr 1855 wurde die sehr schadhafte hölzerne Leitung durch eine Bleileitung ersetzt und zusätzlich 19 Hausanschlüsse an die Leitung angehängt.
Damit für sie immer Wasser bereitstand baute die Gemeinde Kippenheim am südlichen Ortseingang ein unterirdisches Wasserreservoir. Heute sind alle Anschlüsse in Kippenheim von ihrer Leitung abgehängt und das Quellwasser wird in den sogenannten Reusen-, Russen- oder Selzengraben geleitet. Ebenfalls seit dem Mittelalter führte eine weitere Deichelleitung nach Mahlberg zur herrschaftlichen Meierei und zum öffentlichen Stockbrunnen. Im 19. Jh. wurde an den Stockbrunnen ein weiterer Laufbrunnen -das sogenannte Brünnle- im Ortsteil Unterburg angeschlossen. Dagegen wurde die Leitung zur ehemaligen Meierei, dem heutigen Hotel Löwen, in der Mitte des 20. Jh. abgehängt.